Wann wird der BVB eigentlich Deutscher Meister?

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Was ist eigentlich mit Borussia Dortmund passiert, dass sie plötzlich die formstärkste Mannschaft in Europa sind und in der Bundesliga gleichauf mit Bayern München liegen? ntv.de liefert ein paar Antworten auf die drängendsten Fragen dieser Tage.

Erst lief Nico Schlotterbeck noch einmal zu Jude Bellingham. Der 19-Jährige stand mit Emre Can vor einem Freistoß der Dortmunder neben der Mauer von Hertha. Schlotterbeck zog die beiden nach vorne und dann lief Marco Reus an, Bellingham duckte sich, Can ging zur Seite, der Ball flog auf die Mauer zu, schoss drüber und senkte sich. Der Engländer warf seine Arme auseinander und wartete bis der Kapitän auf ihn zulief, dann schloss er die Arme und hob ihn vor der brutal lauten Südtribüne in dle Luft. Borussia Dortmund 3 Hertha BSC 1. Noch 14 Minuten plus Nachspielzeit zu spielen. Der erste direkt verwandelte Freistoß der Borussia in dieser Spielzeit sorgte am Sonntag mal wieder für ausgelassene Euphorie im Dortmunder Westfalenstadion. „Deutscher Meister wird nur der BVB“, schallte es durchs Stadion und es klang glaubwürdig.

Am Ende erzielte der seit Wochen in bestechender Form aufspielende Julian Brandt noch das 4:1. Nur die Verletzung von Karim Adeyemi trübte die Freude ein wenig. Doch derzeit scheint alles möglich.

Alles scheint möglich? War der BVB nicht noch vor einem Monat in der Dauerkrise?

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Korrekt. Der BVB war in einem Daueralarmzustand. Jede Niederlage war Beweis dafür, dass beim Ruhrgebietsgiganten nur noch die Gehälter, aber nicht mehr die Leistungen stimmten. Dem neuen Trainer Edin Terzic wurden fachliche Fähigkeiten abgesprochen, der neue Sportdirektor Sebastian Kehl für seine Sommertransfers hinterfragt. Die Zukunft des BVB sah nicht gerade so rosig aus. Ja, sogar ein Jahr außerhalb der Champions League drohte und der nächste Umbruch. Einen Monat später sieht das nach acht Siegen aus acht Spielen natürlich ganz anders aus.

Okay. Aber was hat Edin Terzić denn jetzt in der Winterpause gemacht? Der Lauf der Borussia ist doch nicht mehr normal!

Erstmal. Wolfsburg hatte auch so einen Lauf und schauen Sie, was danach passierte. Drei Niederlagen, ein Unentschieden, Absturz ins Mittelfeld. Bei Dortmund sind einige Sachen passiert: Julian Ryerson kam von Union Berlin, zahlreiche Spieler aus Verletzungen zurück, die Zukunft von Youssoufa Moukoko wurde geklärt, der Kader wuchs während der langen Pause zusammen und dann kehrte natürlich noch Sébastien Haller nach seiner schweren Krankheit zurück. Erst der wacklige Sieg gegen Augsburg, der glückliche Last-Minute-Sieg in Mainz und dann die souveräne Vorstellung in Leverkusen. Emre Can kann der Mannschaft plötzlich Defensivstabilität verschaffen, Gregor Kobel im Tor ist noch besser geworden und Jude Bellingham kann die wenigen Bälle, die er verliert, dank Can höher verlieren. Dazu der befreite Julian Brandt in zentraler Rolle. Und die neue Kadertiefe. Vieles ist passiert, alles addiert sich zusammen. Aus Glück wird Vertrauen und aus Vertrauen Glaube und alles ist ruhig.

Nun ist die Ruhe aber endlich. Die Verträge von Marco Reus und Mats Hummels laufen aus. Da geht’s doch schon wieder los?

Erwischt: Besprechen Reus und Hummels hier ihre Zukunft?Erwischt: Besprechen Reus und Hummels hier ihre Zukunft?

„Verlängerst Du eigentlich?“, fragt Mats Hummels hier vielleicht Marco Reus.

(Foto: picture alliance/dpa)

Das mag sein. Hier gilt es jedoch zu differenzieren. Während Hummels mit der verpassten WM eine Last von seiner Schulter genommen wurde und er sich langsam in seine Rolle als Elder Statesman des BVB fügt, hat sich Reus damit noch lange nicht abgefunden. Aber jetzt will er sich erst einmal „straffen“ und vielleicht doch noch einmal die Meisterschale an den Borsigplatz bringen. Das ist dem großen Unerfüllten, dem Weltstar außerhalb Deutschlands, noch nicht gelungen. „Wir haben alle Lust auf Titel. Deshalb spielen wir Fußball“, sagte Reus nach dem Spiel. Und merkte kurz an, dass er in der Champions League gegen Chelsea auch gerne gespielt hätte. Aber wenn es läuft, dann ist es egal, wer spielt. Dann tanzen sie auf der Welle und plötzlich erscheint in der Gegenwart alles möglich, so dass die Zukunft erst einmal warten muss.

Auch Sie bei ntv.de sprachen immer wieder von Dortmunder Mentalitätszwergen. Ist die Mentalitätsdebatte damit abgeräumt?

Natürlich nicht. Die wird so lange weitergeführt, bis das Wort Mentalität nicht mehr bemüht werden muss. Nicht im negativen, aber auch nicht im positiven Sinne. Bis das Wort Mentalität sich also wieder fest in die Dortmunder DNA eingebrannt hat. Bis dahin wird sich Trainer Edin Terzić nach jeder Niederlage, nach jedem verschenkten Punkt genau dieser Frage stellen müssen. Sie hängt ihm und dem gesamten Verein zum Halse raus. Doch acht Siege in Folge sind bislang nur eine verirrte Schwalbe im ausgehenden Winter.

Sie sind aber schlecht gelaunt. So eine Serie hat der BVB seit Trainer-Gott Jürgen Klopp nicht mehr hingelegt.

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Da haben Sie direkt die Antwort. Die Borussia aus Dortmund ist gefestigt, aber noch weit davon entfernt, die Welt so wie damals zu beeindrucken. Jede Serie endet einmal und es wird darum gehen, dieses Ende der Serie immer weiter nach hinten zu schieben. Spiel für Spiel, bis der BVB sich auch nach hinten abgesichert hat. Drei Vereine stehen mit 43 Punkten an der Spitze, und Frankfurt auf Rang sechs ist nur fünf Punkte entfernt. Noch kann die Saison auch für die Borussia wieder in eine komplett falsche Richtung kippen. Der momentane Sprint bringt den BVB auf die Bilanz des Vorjahrs. Auch damals waren es nach 21 Spielen 14 Siege, ein Unentschieden und sechs Niederlagen. Nur fühlte sich das alles anders an. Damals hatte man gerade 2:5 gegen Bayer Leverkusen verloren und die Bayern auf neun Punkte davonziehen lassen.

Neun Punkte. Das war doch der Vorsprung der Bayern vor dem Re-Start?

„Die Tabellensituation ist nur eine vorläufige“, sagte BVB-Verteidiger Niklas Süle vor dem Wiederbeginn der Liga und holte sich damit mehr Hohn und Spott als Anerkennung für diese Kampfansage ab. Einen Monat später lacht niemand mehr über Süle, der auf Instagram nach dem Sieg gegen Hertha von Marius Wolf liebevoll als IKEA Frysa Kühlschrank markiert wurde. Nichts könnte die Wärme des Dortmunder Winters besser beschreiben. Mit Wolf hat der BVB einen neuen Kevin Großkreutz in den eigenen Reihen. Einen, der sich von oft verspotteten Kühlschränken wie Süle und dem Stadion tragen lässt.

Wohin lassen sich Wolf und der BVB denn jetzt tragen? Sagen Sie doch endlich Meisterschaft!

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Im Mai 2012 drehte die Meisterschale das letzte Mal die Runde um den Borsigplatz.

(Foto: picture alliance / augenklick/firo Sportphoto)

Das wäre für die Anhänger der Dortmunder Borussia natürlich ein Traum. Doch dann braucht es aus den nächsten 13 Bundesligaspielen gewiss 30 bis 33 Punkten. Unmöglich erscheint es nicht. Doch der BVB tut gut daran, nicht von Meisterschaften zu reden, sondern sie einfach zu gewinnen. Das ist ihnen seit 2012 nicht mehr gelungen. Dann ging es graduell bergab. Nicht, weil sie es am letzten Spieltag der Saison 2012/2013 nicht geschafft haben, die TSG Hoffenheim in die zweite Liga zu befördern. Doch trotz alledem bleibt dieses Spiel ein dunkler Schatten auf der BVB-Fanseele. Mit einem weiteren Sieg am kommenden Wochenende könnten sie die Kraichgauer noch tiefer in die Krise befördern und sich selbst weiter berauschen.

Und wenn der BVB dann Meister ist, dann bleibt doch sicher auch Jude Bellingham?

Das ist nach aktuellem Stand nicht überwiegend wahrscheinlich.

Ach, schade.

Ja. Schade für die Liga und schade für den BVB.

Aber auch gut, dass der BVB wieder da ist.

Genau. Das ist doch auch was. Und ob dann Bellingham bleibt, was aus Reus wird, wann und ob Julian Brandt, der momentan beste deutsche Spieler, verlängert, wird sich alles zeigen. Fußball ist doch am schönsten, wenn er im Moment passiert und Menschen träumen lässt. Da muss nicht gleich alles zerredet werden.

Also jetzt doch Karten für das letzte Bundesliga-Spiel gegen Ende Mai kaufen?

Das müssen Sie entscheiden.

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