Jürgen Klopp ist mal wieder im verflixten siebten Jahr. In Mainz und Dortmund wirft er da hin, doch bei Liverpool will er nicht aufgeben und in seine achte Saison gehen. Nach vier Liga-Spielen ohne Sieg gelingt seinen Reds der erste Erfolg im Kalenderjahr. Weil auch das Schicksal mitspielt.
Jürgen Klopp und dem FC Liverpool ist in der englischen Premier League der Befreiungsschlag gelungen. Mit dem 2:0 (1:0) im Merseyside-Derby gegen den enttäuschenden Abstiegskandidaten Everton können die Reds mit einem Auge in Richtung Europa schauen. Nach drei Spielen ohne Treffer, nach vier Spielen ohne Sieg entschieden Mo Salah (36.) und Winter-Neuzugang Cody Gakpo (49.) das Spiel.
Nach dem ersten Liga-Sieg im Jahr 2023 steht Liverpool bei 32 Punkten nach 21 Spielen auf Rang neun bei nun neun Punkten Rückstand und einem Spiel weniger als das schwächelnde Newcastle United auf dem Champions-League-Rang vier. Am kommenden Samstag reisen sie zu den neureichen Magpies in Englands Norden. Ein Spiel, das nach dem Sieg im Derby plötzlich auch eine Riesenchance für Klopp und seine Mannschaft sein kann. „Das ist ein richtig großer Sieg für uns“, sagte Mo Salah nach dem Spiel auf Sky.
Dreizehn Sekunden lagen in der 36. Minute zwischen Himmel und Hölle. Nach einer Ecke köpfte Evertons James Tarkowski den Ball vorbei am geschlagenen Liverpool-Keeper Alisson. Doch er hatte zu genau gezielt, der Ball landete am langen Pfosten, prallte zurück ins Feld und wenige Sekunden später lag er nach einem perfekten Konter im Netz der Gäste. Salah hatte einen Fehler des englischen Nationaltorhüters James Pickford ausgenutzt und die Kugel ins leere Tor gedrückt. Pickford hatte sein Tor verlassen und auf einen langen Pass auf Gakpo spekuliert. Salahs achter Ligatreffer in dieser Saison war zugleich seine 100. Liga-Torbeteiligung im legendären Anfield. Das Schicksal meinte es diesmal gut mit Liverpool. „Wir hatten etwas Glück, aber Glück hat man nur, wenn man wirklich hart arbeitet. Und das machen wir“, sagte der Ägypter.
Situation in Liverpool mit Dortmund nicht vergleichbar
Während Salah sein Jubiläum feierte, durfte sich kurz nach der Pause der Niederländer Gakpo über seine Premierentreffer im Trikot der Reds freuen. In der 48. Minute musste er nach einem erneuten Konter eine flache Flanke von Trent Alexander-Arnold am langen Pfosten lauernd nur noch über die Linie drücken. Danach spielte fast nur noch Liverpool, die sich gegen Ende des Spiels mit dem Ergebnis zufriedengaben und auf Konter lauerten. Doch die abstiegsbedrohten Toffees mit ihrem neuen Trainer Sean Dyche konnten mit den Räumen wenig anfangen und kamen einzig durch den Joker Tom Davies zu einer guten Gelegenheit. Doch der 24-Jährige setzte einen Kopfball in der 80. Minute aus kurzer Distanz über das Tor. So blieb es beim 2:0 für Liverpool. Es war ein gelungener Abend für die Mannschaft von Klopp, dem zuletzt vermehrt Fragen zu seiner Zukunft gestellt worden waren.


Gakpo schiebt ein.
(Foto: IMAGO/Propaganda Photo)
Doch schon vor dem Spiel hatte Klopp sich durchaus kämpferisch gegeben. Zweimal war er nach sieben Jahren bei seinen Vereinen ausgestiegen. Den FSV Mainz verließ er nach dem verpassten Wiederaufstieg in die erste Liga, Borussia Dortmund nach einem unglaublichen Absturz auf den letzten Tabellenplatz im Jahr 2015. Zwar war ihm beim BVB mit einem langen Endspurt noch die Qualifikation für einen europäischen Wettbewerb gelungen, doch seine Entscheidung stand längst fest. Er ging. Und tauchte schon bald als Liverpool-Trainer wieder auf.
„Ich habe genug Erfahrung, um zu wissen, dass man aus so einer Lage rauskommen kann“, sagte der 55-Jährige vor dem Spiel und wies Vergleiche mit seiner Zeit in Deutschland zurück. „Als ich aus Mainz gegangen bin, war es ein Karriereschritt. Als ich Borussia Dortmund verlassen habe, war ich sehr erschöpft und ich hatte das Gefühl, es wäre Zeit, etwas Anderes zu machen. Nichts davon ist jetzt der Fall“, sagte er. „Ich bin voll und ganz hier.“
Nachdem Klopp und Liverpool in der Spielzeit 2021/2022 nur zwei Spiele zum historischen Quadrupel – dem Gewinn der Premier League und Champions League sowie der beiden nationalen Pokalwettbewerbe, gefehlt hatten, lief in dieser Saison nur wenig bei den Reds zusammen. Immer wieder musste er auf verletzte Spieler verzichten, immer wieder bescherte ihn die rechte Abwehrseite die größten Sorgen. Besonders Rechtsverteidiger Trent Alexander-Arnold stand in der Kritik. Dem englischen Nationalspieler fehlte eine Absicherung bei seinen Flügelläufen, der junge Harvey Elliott konnte das kaum leisten.
Wichtige Spieler kehren zurück
Auch der für 80 Millionen Euro von Benfica verpflichtete Darwin Núñez konnte als Ersatz für Sadio Mané bislang wenig überzeugen. Nur fünf Treffer in der Premier League in nun 16 Einsätzen brachten ihm reichlich Hohn und Spott und wenig Selbstvertrauen ein. Der Nationalspieler Uruguays vergab auch gegen Everton einige gute Gelegenheiten, zeichnete jedoch für den Konter zum 1:0 verantwortlich. Es war sein dritter Assist in der laufenden Saison. Es war ein Assist, der Liverpool wieder zurück in die Spur brachte. Dass die Mannschaft dort bleibt, dafür soll nun auch Diogo Jota sorgen. Der portugiesische Nationalspieler ersetzt Nunez Mitte der zweiten Halbzeit. Er kam nach einer langwierigen Wadenverletzung zu seinem ersten Einsatz seit einem 1:0 gegen Manchester City am 16. Oktober 2022. Auch Abwehrchef Virgil van Dijk stand erstmals seit Anfang Januar wieder im Kader, der Ex-Bundesligaspieler Roberto Firmino absolvierte als Joker seine ersten Minuten nach der WM.
Neben dem befreit aufspielenden Torschützen Salah überzeugte bei Liverpool auch der 18-jährige Spanier Stefan Bajecetic. Der Mittelfeldspieler hatte sich in den vergangenen Partien in die Startelf gespielt und sorgte nun gegen Everton für Stabilität und Ruhe im defensiven Mittelfeld. „Seit er für uns spielt, ist er eigentlich sogar unser bester Spieler“, sagte Salah nach dem Spiel und Bajecetic staunt neben ihm. Nach dem Spiel bei Newcastle United empfängt Liverpool dann am 21. Februar Real Madrid zum Achtelfinal-Hinspiel in der Champions League. „Ich werde nicht und ich kann nicht gehen“, hatte der bis 2026 unter Vertrag stehende Klopp vor dem Sieg gegen Everton gesagt: „Ich bin verantwortlich und ich will das hinkriegen. Ich bin zu 100 Prozent engagiert.“ Seine Reds waren es an diesem Montag an der Anfield Road auch.








