Mit einem „nahezu perfekten“ Lauf verbessert Femke Bol den Hallen-Weltrekord über 400 Meter. Bei den niederländischen Meisterschaften unterbietet die 22-Jährige die 41 Jahre alte Bestmarke. Bei der EM in München im Sommer war Bol zum Superstar aufgestiegen.
In München hatte Femke Bol im August das Publikum bei den Leichtathletik-Europameisterschaften in ihren Bann gezogen, jetzt hat 22-Jährige den nächsten Meilenstein ihrer beeindruckenden Karriere erreicht. Bei den niederländischen Meisterschaften verbessert Bol den Hallen-Weltrekord über 400 Meter um beachtliche 0,33 Sekunden. Die Bestmarke über die zwei Hallenrunden hatte seit dem Frühjahr 1982 bei 49,59 Sekunden gestanden, aufgestellt von Jarmila Kratochvilova aus der damaligen Tschechoslowakei. Bol durchbricht nun nach 41 Jahren diese anscheinend unüberwindbare Mauer und stürmt in Apeldoorn nach 49,26 Sekunden ins Ziel.
Kratochvilova hält unter freiem Himmel auch den Weltrekord über 800 Meter (1:53,28 Minuten), über 400 Meter (47,99 Sekunden) war nur DDR-Leichtathletin Marita Koch (47,60) jemals schneller in einer Ära, die als Hochphase des Dopings gilt. Kratochvilova sagte einmal, zwar regelmäßig Spritzen bekommen zu haben, angeblich aber nur mit Vitaminen. Koch erhielt Dopingforschern zufolge jahrelang Anabolika, streitet das jedoch seither ab.
Vier Dekaden sind seit der Ära Koch/Kratochvilova vergangen, heute sagt Bol nach ihrer Fabelzeit: „Ich hatte auf eine 49,5 gehofft, aber 49,26? Ich habe wirklich überhaupt keine Worte dafür.“ Als „nahezu perfekt“ beschreibt die Langsprinterin mit dem federleichten, aber kraftvollen Schritt den Lauf, der ihr ganz nebenbei auch den Titel der niederländischen Hallenmeisterin einbringt.
„Es ist mein erster Weltrekord auf einer richtigen Strecke“, sagt sie und bezieht sich dabei auf die Bestmarken, die sie im vergangenen Jahr unter freiem Himmel über 300 Meter Hürden (36,13 Sekunden) und in diesem Winter über 500 Meter in der Halle (1:05,63 Sekunden) aufgestellt hatte. Beide Strecken werden bei Meisterschaften überhaupt nicht und auch sonst vergleichsweise selten gelaufen.
In der Halle schneller als unter freiem Himmel
Im August 2022 war Bol bei der EM in München mit drei Goldmedaillen nicht zur erfolgreichsten Teilnehmerin dieser Titelkämpfe, sondern auch endgültig zum Superstar der Leichtathletik aufgestiegen. Über ihre Stammstrecke, die 400 Meter Hürden, gewann sie das Finale in neuem Meisterschaftsrekord von 52,67 Sekunden und distanzierte ihre Konkurrenz um gewaltige 1,6 Sekunden. Zuvor hatte sie bereits auf der Stadionrunde ohne Hürden für Aufsehen gesorgt, den niederländischen Landesrekord auf 49,44 Sekunden gesteigert und damit ebenfalls den EM-Titel geholt. Das dritte Gold erlief Bol in der 4×400-Meter-Staffel, als sie mit einer unwiderstehlichen Schlussrunde auf Platz eins stürmte – wiederum mit niederländischem Rekord.
Mit ihrem Weltrekordlauf von Apeldoorn gelingt der 22-Jährigen zugleich ein außergewöhnliches Kunststück: Ihre Hallenbestzeit (49,26) ist jetzt besser als ihre Freiluftbestzeit (49,44). Dabei sind die 400 Meter in der Halle zumeist etwas langsamer, weil die engen 200-Meter-Rundbahnen anspruchsvoller zu laufen sind und die Athletinnen und Athleten nicht die komplette Distanz in ihrer Bahn laufen, sondern nach 150 Metern auf die Innenbahn und damit ins direkte Duell gehen. Die Hallen-Weltrekorde bei Männern und Frauen sind jeweils rund 1,5 Sekunden langsamer als die Freiluft-Bestmarken.
Bol, die in der kommenden Woche ihren 23. Geburtstag feiert, hatte erst am vorigen Wochenende im französischen Metz in 49,96 Sekunden als vierte Frau überhaupt die 50-Sekunden-Marke unter dem Hallendach unterboten. In Apeldoorn fragte sie sich nun, ob es vielleicht sogar noch schneller gehen könnte als die gerade erzielten 49,26 Sekunden. Die Gelegenheit dazu bietet sich in zwei Wochen in Istanbul bei den Hallen-Europameisterschaften, die trotz des verheerenden Erdbebens in der türkischen Millionenstadt ausgetragen werden sollen. Es ist nicht auszuschließen, dass Femke Bol dort einmal mehr der Konkurrenz meterweit davonsprintet.








