Das war eine Nummer zu groß für den Europa-League-Sieger: Eintracht Frankfurt verliert das Achtelfinal-Hinspiel der Champions League gegen eine groß aufspielende SSC Neapel und steht vor dem Aus. Coach Glasner sucht nach Lösungen, ist aber beeindruckt und (noch) ratlos.
Die Fans von Eintracht Frankfurt donnerten den Fußballern der SSC Neapel am Dienstagabend ihr dröhnendes „Schwarz-weiß wie Schnee“ entgegen, sie zündeten Unmengen an Pyrotechnik und schossen Raketen in den Himmel. Was für ein feuriger Empfang für die derzeit vielleicht (form)stärkste Mannschaft in Europa. Und das Feuer der Ränge verfing sich in den Beinen der Frankfurter Fußballer. 15 Minuten setzten sie die Italiener unter Druck, erpressten Bälle und stürmten nach vorne. Randal Kolo Muani vergab nach fünf Minuten eine erste gute Chance. Neapel war gewarnt, die Eintracht bereit für einen großen Abend. Der aber endete mit einer 0:2 (0:1)-Niederlage und dem drohenden Aus im Achtelfinale der Champions League.
Wann dieses Spiel gekippt war und warum, das lässt sich nur schwer greifen. Spätestens aber in der 34. Minute hatten die Italiener die Dinge auf dem Rasen auf ihre Seite gezogen. Hirving Lozano war über die rechte Seite durchgebrochen und hatte den Ball an den Pfosten geknallt. Der Abpraller landete bei Buta, der zögerte beim Klären der Situation und traf schließlich im Strafraum das Knie des herangestürmten Victor Osimhen – Strafstoß. Es war der Auftakt für wilde Minuten im Waldstadion, für wilde Minuten zwischen Euphorie und Ernüchterung. Kevin Trapp schnappte sich mit einer überragenden Parade den Elfmeter von Khvicha Kvaratskhelia (36.).
Ein Traumkonter ernüchtert die Eintracht


Feurige Atmosphäre.
(Foto: IMAGO/HMB-Media)
Das Momentum war zurück bei der Eintracht, eigentlich. Doch nur vier Minuten später wurde es schon wieder in Fetzen gerissen. Mario Götze leistet sich an der Seitenlinie eine Schlampigkeit im Passspiel und Sekunden danach steht es 0:1. Lozano bekommt den Ball im Vollsprint zugesteckt und flankt ihn scharf in die Mitte, auf den langen Pfosten, wo Osimhen geschickt lauert und nicht ins Abseits rennt – Tor. Keine zwei Minuten später das fast gleiche Spiel, doch dieses Mal ist Osimhen nicht ganz so geschickt im Timing und steht knapp in der verbotenen Zone. Binnen acht Minuten drohte die Eintracht alles zu verspielen, so aber rettete sie sich noch in die Pause.
Doch was immer in der Kabine beschlossen wurde, der Plan ging nicht auf und war nach der glasklaren Roten Karte gegen Kolo Muani (59.) ohnehin nicht mehr umzusetzen. Der zuletzt überragende Franzose geht mit der offenen Sohle in einen Zweikampf mit André Zambo Anguissa und trifft ihn am Knöchel. Sechs Minuten später beerdigt Neapel das Spiel. Kvaratskhelia macht einen Pass in die Tiefe fest und legt dann per Hacke für den nachrückenden Giovanni di Lorenzo ab, der den Ball gut aus 15 Metern mit einem Flachschuss im linken unteren Eck versenkt. Trapp ist chancenlos, in der 56. Minute hatte er seine Mannschaft noch mit einer Top-Parade gegen den sehr auffälligen Kvaratskhelia im Spiel gehalten. Das Stadion war ernüchtert, das Dröhnen verschwunden.
„Werden nicht als Touristen mit weißen Fahnen einziehen“
„Heute tut es weh. Wir sind brutal enttäuscht. Aber wir werden nicht als Touristen mit weißen Fahnen ins Maradona-Stadion einziehen“, bemühte sich Trainer Oliver Glasner um eine sanfte Form des Optimismus. Er gestand allerdings auch, dass ihm aktuell noch nicht so viel einfalle, um das zu finden „was wir benötigen, um im Rückspiel zu gewinnen. Wie gnadenlos Neapel die Fehler ausgenutzt habe, sei „beeindruckend“ gewesen.
Im Mittelfeld herrschten die Herren-Überall Stanislav Lobotka, Piotr Zieliński und Anguissa nach Belieben. Kein Raum, den sie nicht verdichteten. Und dazu noch die überragenden Chipbälle in den Lauf der schnellen und technisch starken Kvaratskhelia, Lozano oder Osimhen. Das slowakisch-polnisch-kamerunische Trio ist ein perfekt funktionierender Maschinenraum. Das Herz dieser Mannschaft, die ihre Stars selbst entwickelt, für die in dieser Saison so viel möglich scheint. Nicht nur in der heimischen Liga, wo sie der Konkurrenz bereits um 15 Punkte enteilt sind. Erster Verfolger ist Inter Mailand.
Frankfurt hadert mit Rot gegen Kolo Muani
Und dennoch werde die Eintracht vor dem Rückspiel am 15. März in Neapel nicht „die Köpfe zwischen die Knie oder in den Sand stecken“, bekannte Glasner. Das 0:2 sei ein „gefährliches Ergebnis“, bei dem die Hessen mit einem Treffer das Momentum schnell auf ihre Seite ziehen könnten, sagte der Österreicher: „Mit allem, was wir haben, werden wir es versuchen.“ Es brauche aber „kein Wunder“, sagte auch Sportvorstand Markus Krösche: „Im Rückspiel versuchen wir, das Ding zu drehen. Ich bin überzeugt von unseren Jungs.“ Besonders hart für die Eintracht, neben dem aufzuholenden 0:2: das Fehlen von Kolo Muani. „Das ist sehr bitter für ihn und für uns. Wir werden ihn wieder aufbauen“, sagte Glasner. Trapp bezeichnete die Entscheidung als „sehr, sehr hart.“
Götze hatte sich noch auf dem Rasen beim Referee beschwert und war dafür verwarnt worden. „Am Ende muss man die gesamte Situation einschätzen. Es war eine Offensivaktion von Kolo. Der andere Spieler geht auch mit einer Grätsche zum Ball. Da entscheiden Sekunden.“ Die Eintracht müsse diesen bitteren Abend nun erst einmal verarbeiten, sagte Götze. Abschreiben wollte er sein Team aber noch nicht. „Wir wissen, dass auch auswärts alles möglich ist. Neapel hat bei uns zwei Tore geschossen, warum sollten wir das nicht dort schaffen?“








