Die deutschen Skispringer erleben über Monate eine bittere Saison – mit der Vierschanzentournee als Tiefpunkt. Doch zum Saisonhöhepunkt arbeitet sich die Mannschaft aus der Krise – und holt gleich zwei Medaillen. Weltmeister wird ein Pole mit einer gewaltigen Aufholjagd.
Die beiden deutschen Skispringer Andreas Wellinger und Karl Geiger haben bei der WM in Slowenien überraschend Silber und Bronze gewonnen. Wellinger musste sich als Zweiter nur dem Polen Piotr Zyla geschlagen geben. Geiger freute sich über Rang drei. Wellinger und Geiger bescherten dem Deutschen Skiverband bereits das dritte und vierte Edelmetall in Planica binnen weniger Stunden. Zuvor hatten die deutschen Skispringerinnen um Katharina Althaus im Team Gold gewonnen.
Wellinger sprang auf der Normalschanze starke 101 und 102 Meter weit. Bereits nach dem ersten Durchgang hatte Wellinger auf Rang zwei gelegen, Geiger war Dritter gewesen. Der Wettbewerb war extrem eng: Zur Halbzeit lagen zwischen Spitzenreiter Stefan Kraft aus Österreich und dem zehntplatzierten Topfavoriten Halvor Egner Granerud umgerechnet nicht einmal 2,5 Meter. Bundestrainer Stefan Horngacher hatte im ZDF vor dem zweiten Durchgang von einem „Millimeterspringen“ gesprochen. Und auf den letzten Millimetern veredelten seine Athleten ihre beeindruckende Ausgangsposition tatsächlich sensationell.
„Es ist unglaublich geil“, sagte Wellinger im ZDF. Der 30 Jahre alte Geiger sprach von einem „intensiven Tag“ und sagte: „Das tut so gut.“ Auch Bundestrainer Stefan Horngacher war völlig begeistert – und sichtbar angefasst: „Ich bin komplett fertig“, sagte der Österreicher. „Dass wir jetzt zwei Medaillen haben, ist unglaublich.“
Zyla gelingt famose Aufholjagd
Der Pole Zyla, der als Titelverteidiger angetreten war, hatte nach dem ersten Durchgang noch auf Platz 13 gelegen – und ließ dann mit dem Schanzenrekord von 105 Metern Springer um Springer hinter sich. Kraft, der nach dem ersten Durchgang geführt hatte, war der große Verlierer des engen Rennens: Mit nur 99 Metern gab er mit dem letzten Sprung des Wettbewerbs nicht nur den Sieg aus der Hand, sondern sprang letztlich um wenige Zehntel komplett an den Medaillenrängen vorbei. Constantin Schmid belegte als drittbester Deutscher den siebten Platz. Markus Eisenbichler landete auf Rang 13. Am Ende fehlten Wellinger nur 2,6 Punkte auf Weltmeister Zyla. „Es ist unglaublich geil. Ich habe heute meine mit Abstand besten Sprünge gemacht“, sagte Wellinger im ZDF: „Das einzige was für ganz oben gefehlt hat, waren die Kampfrichter, die mir zur eine 18,5 gegeben haben. Das verstehe ich nicht ganz.“
Zuvor hatte der Mannschaft sogar lange eine Saison ohne Weltcup-Sieg. Bei der Vierschanzentournee war das deutsche Team chancenlos. Erst mit dem Weltcupsieg von Andreas Wellinger in Lake Placid war dem DSV-Team im Februar nach einer harten Trainingsphase die Trendwende gelungen. Für die deutsche Mannschaft, die im laufenden Weltcupwinter vor Wellingers Triumph überhaupt erst zwei Podestplätze erreicht und bei der Vierschanzentournee ihr schlechtestes Ergebnis seit vielen Jahren produziert hatte, war der Sieg Wellingers der erste Weltcupsieg seit dem 23. Januar 2022: Damals gewann Geiger zwei aufeinanderfolgende Springen in Titisee-Neustadt.
Die deutsche Skisprung-Legende Martin Schmitt, selbst Weltmeister, Olympiasieger und zweimaliger Gewinner des Gesamtweltcups, hatte im Gespräch mit ntv.de kurz nach dem Ende einer desaströsen Vierschanzentournee die Rückkehr der deutschen Springer in die Weltspitze prophezeit: „Es wird eine sehr, sehr schwere Aufgabe. Aber Trainer und Sportler werden es jetzt mit aller Entschlossenheit angehen, wieder ein anderes Leistungsniveau zu erreichen. Und wie ich das Team kenne, werden sie einen Schritt näher kommen an die Weltspitze. Und dann sollte auch mindestens eine Medaille rausspringen.“ Mit dem Ergebnis von Planica gelang dem DSV-Team damit endgültig eine kleine sportliche Wiederauferstehung – pünktlich zum Saisonhöhepunkt.








