Ausgerechnet bei der Heim-Weltmeisterschaft in Oberhof läuft es für die deutschen Biathlon-Männer mies. Historisch schlecht sogar, denn sie bleiben ohne eine WM-Medaille. Benedikt Doll ist richtig genervt. Für den Norweger Johannes Thingnes Bö dagegen läuft (fast) alles zusammen.
Benedikt Doll stand kopfschüttelnd und pitschnass im strömenden Regen von Oberhof. Der Frust über eine verkorkste WM war dem Routinier deutlich anzumerken – auch der aufmunternde Beifall von 23.500 Fans in der ausverkauften Arena am Rennsteig war nach einem indiskutablen 26. Platz im Massenstart nur ein schwacher Trost.
„Es waren sehr viele Tiefs dabei, wenige Hochs“, sagte der 32 Jahre alte Schwarzwälder. „Am Schießstand habe ich es nicht hingekriegt, die Ski waren schlecht, läuferisch war die Motivation dann auch mal weg“, sagte Doll: „Es war ein Tag zum Vergessen.“
Die deutschen Biathlon-Männer sind erstmals seit rund fünf Jahrzehnten ohne eine WM-Medaille geblieben. Im abschließenden Massenstart am Sonntag belegte Justus Strelow im thüringischen Oberhof als Bester Platz 13. Der 26-jährige Sachse leistete sich eine Strafrunde und lag im Ziel nach 15 Kilometern 1:46,0 Minuten hinter dem fehlerfreien Weltmeister Sebastian Samuelsson aus Schweden. Silber sicherte sich der zweite Schwede Martin Ponsiluoma (2 Fehler) vor dem Norweger Johannes Thingnes Bö (3), der damit in allen Rennen eine Medaille erkämpfte. Als zweitbester Deutscher kam Roman Rees (2) als 18. ins Ziel. Johannes Kühn (5) musste sich mit Rang 21 begnügen, Benedikt Doll (6) enttäuschte als Fünftletzter von 30 Startern.
Bö holt sieben Medaillen
Die historische Einordnung der seltenen Medaillenlosigkeit braucht derweil eine kurze Erklärung. In der Statistik steht 1976 als bislang letzte Biathlon-WM ohne Edelmetall für ein Männer-Team aus Deutschland. Damals, vor 47 Jahren und im Olympia-Jahr, gehörte der Sprint noch nicht zum olympischen Programm. Deswegen fand nur in dieser Disziplin 1976 im italienischen Antholz ein WM-Rennen statt, in dem es kein Deutscher auf das Podest schaffte. Bei einer regulären Weltmeisterschaft mit mehreren Rennen – wie jetzt auch in Oberhof – hatte es sogar 1969 zuletzt keine Medaille gegeben.
Olympiasieger Bö gewann derweil auch bei seinem siebten Start am Rennsteig eine Medaille. Siebenmal Edelmetall bedeuteten einen Rekord bei den Männern, niemand nahm zuvor jemals so viel Zählbares bei einer WM mit. Einzig Bös Landsfrau Marte Olsbu Röiseland war das 2020 in Antholz gelungen.
Strelow trifft als einziger Deutscher alles
Ex-Weltmeister Benedikt Doll verabschiedete sich mit zwei Fehler im ersten Schießen früh aus der Spitze und fiel auf den vorletzten Rang zurück. Auch Bö musste gleich in die Strafrunde, kam aber noch vor dem zweiten Schießen zurück, da niemand Führungsarbeit leisten wollte. Allerdings verfehlte er erneut eine Scheibe, genau wie Johannes Kühn und Roman Rees. Der Sachse Justus Strelow war nach dem zweiten Schießen der Einzige der vier Deutschen, der alle zehn Schüsse traf. Auch die nächste Serie verlief ohne Patzer.
Bö übernahm dank einer Schnellfeuer-Einlage im ersten Stehendschießen die Spitze. Kühn fabrizierte drei weitere Fehler, Doll zusätzliche zwei. Strelow patzte anschließend im letzten Schießen und rutschte so aus den Top Ten. Bös letzter Fehler am Ende war einer zu viel – und Samuelsson stürmte zu Gold. Den bislang letzten deutschen Titel im Massenstart hatte Simon Schempp 2017 in Hochfilzen gewonnen.








