Das letzte Heimspiel der Saison steht für Hertha BSC an. Ein Sieg am Samstag gegen den FSV Mainz 05 (18.30 Uhr, live bei Sky) würde den Klassenerhalt bedeuten. Hochspannung mit Finalcharakter beim Saisonausklang im eigenen Stadion, das gab es für Hertha in den letzten 25 Jahren oft, egal ob das letzte Spiel vor eigenem Publikum am 33. oder am 34. Spieltag stattfand.
Mal ging es um einen Startplatz im Europapokal, mal gegen den Abstieg – und einmal spielte Hertha noch um die Meisterschaft. Wir blicken auf acht besondere Spiele seit dem Aufstieg 1997 zurück.
DIE LEGENDÄRE CHOREOGRAFIE
Es ist angerichtet. Kurz vor Spielbeginn scheint die Sonne und beim Einlaufen der Mannschaften halten die Zuschauer im ausverkauften Olympiastadion blaue und weiße DIN-A2-Blätter hoch. Das Ergebnis, eine sogenannte Ganzstadionchoreografie, ist beeindruckend. Nun müssen im letzten Spiel der Saison 1999/2000 nur noch Herthas Profis nachziehen, im Falle eines Sieges gegen Borussia Dortmund könnten sie eventuell erneut die Champions League erreichen.
Später kommt erst der Dauerregen und dann drei Gegentore in der Zweiten Halbzeit. Die Champions League wäre es aufgrund der Ergebnisse der Konkurrenz ohnehin nicht geworden, nun ist sogar die Uefa-Cup-Teilnahme in Gefahr. Nach dem Schlusspfiff heißt es warten, oder Radio hören.
Und tatsächlich: Weil Absteiger Arminia Bielefeld nach 0:3-Rückstand 3:3 beim VfB Stuttgart spielt, wird Hertha Sechster. Das Minimalziel nach einer Saison, in der die Berliner im Herbst zwischenzeitlich 14. waren, ist erreicht.
Saison 1999/2000, 34. Spieltag: Hertha BSC – Borussia Dortmund 0:3 (0:0), 75.000 Zuschauer (ausverkauft). Tabellenplatz am Saisonende: 6.
DAS DEUTLICHE AUSRUFEZEICHEN
Der Mai ist im Jahr 2003 bisher nicht der Monat von Hertha BSC, es gab drei Niederlagen und insgesamt zwölf Gegentore, darunter ein 3:6 gegen den als Meister feststehenden FC Bayern München. Nun bangt Hertha vor dem Saisonfinale sogar um den Uefa-Cup. Selbst ein Sieg gegen den 1. FC Kaiserslautern reicht nur, wenn von anderen Plätzen Schützenhilfe kommt.
Vor dem Anpfiff bedanken sich die Spieler bei den Anhängern für die Unterstützung in der Saison. Sie tragen T-Shirts, auf denen zusammengesetzt „Danke Fans!“ steht, Mittelfeldspieler Marcelinho ist das Ausrufezeichen. Hertha spielt stark, Nando Rafael erzielt beim 2:0-Erfolg beide Tore. Am Ende reicht es zum Einzug ins europäische Geschäft, weil Werder Bremen 1:4 bei Borussia Mönchengladbach verliert.
Saison 2002/03, 34. Spieltag: Hertha – 1. FC Kaiserslautern 2:0 (1:0), 50.580 Zuschauer, Tabellenplatz am Saisonende: 5.

DIE VERPASSTE CHANCE
2005 gibt es wieder ein Endspiel um einen Platz in Europa, diesmal sogar um einen in der Champions League. Wieder ist Hertha, das schon sicher im Uefa-Cup steht, auf Hilfe der Konkurrenz angewiesen, diesmal von den Bayern in Stuttgart. Diese führen frühzeitig, gewinnen letztlich 3:1. Lediglich ein Tor braucht Hertha daher im ausverkauften Olympiastadion gegen Hannover 96 für Rang drei, nur ein Tor. Doch die Berliner wirken verkrampft, haben kaum Chancen. In den Schlussminuten ist der Ball fast dauerhaft am oder im gegnerischen Strafraum. Aber es bleibt beim 0:0. Manager Dieter Hoeneß nimmt nach dem Abpfiff Marcelinho tröstend in den Arm und sagt später: „Heute hätte ich auch Trost gebraucht.“
Saison 04/05, 34. Spieltag: Hertha – Hannover 96 0:0, 74.500 Zuschauer (auverkauft), Tabellenplatz am Saisonende: 4.
DIE GROSSE ENTTÄUSCHUNG
Mittelfeldspieler Pal Dardai kleidet die Enttäuschung in Worte: „Wann bekommt man wieder so eine Chance? Das weiß man nicht.“ Herthas letztes Heimspiel am vorletzten Spieltag der Saison 2008/09 war kurz zuvor zu Ende gegangen – 0:0 gegen den FC Schalke 04. Trotz vieler Chancen und reichlich Pech, Marko Pantelic etwa wird in seinem letzten Heimspiel für die Berliner zweimal in sehr aussichtsreicher Position durch einen falschen Abseitspfiff gestoppt.
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Damit ist klar: Der Traum vom Meistertitel ist ausgeträumt für das Team von Trainer Lucien Favre, das in der Rückrunde fünfmal Tabellenführer war. Spitzenreiter VfL Wolfsburg ist nicht mehr einzuholen. Eine Woche später vergeigt Hertha durch das 0:4 beim Karlsruher SC, der trotzdem absteigt, auch die Champions League. Und um mit dem Wissen der Jahre danach die Frage von Pal Dardai zu beantworten: Die Chance auf die Meisterschaft kam bis heute nicht wieder.
Saison 08/09, 33. Spieltag: Hertha – Schalke 04 0:0, 74.244 Zuschauer (ausverkauft), Tabellenplatz am Saisonende: 4.
DIE KLARE FORDERUNG
In der Ostkurve hängt ein großes Transparent: „Große Worte, keine Taten“ steht dort geschrieben. Und: „Maul halten und kämpfen.“ Ein klares Indiz dafür, dass Herthas bisherige Saison nicht besonders erbaulich verlaufen ist. Die erfolgreichen Jahre sind vorbei, der nächste Abstieg nach 2010 ist nah. Seit Februar 2012 ist Otto Rehhagel als Trainer mit der Mission Klassenerhalt betraut. Ein Sieg gegen die TSG Hoffenheim würde wenigstens den Relegationsrang bringen – wenn der 1. FC Köln gegen die Bayern nicht gewinnt. Letzteres steht kurz nach der Pause beim Zwischenstand von 3:0 für die Münchner so gut wie fest.
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Auch für Hertha läuft es gut. Änis Ben-Hatira trifft doppelt, gut zehn Minuten vor Schluss steht es 2:0. Doch es passt zur Saison, dass Marvin Compper das Anschlusstor gelingt. Das war’s mit Herthas Selbstvertrauen. „Wie man die letzten Minuten übersteht, weiß man hinterher selbst nicht mehr“, sagt Rehhagel. Aber sie werden überstanden, Raffael macht das 3:1. Absteigen tut Hertha zehn Tage später trotzdem, nach einem 2:2 im Relegationsrückspiel bei Fortuna Düsseldorf. Dies wird aufgrund der Geschehnisse am Ende noch lange verschiedene DFB-Gerichte beschäftigen.
Saison 11/12, 34. Spieltag: Hertha – TSG Hoffenheim 3:1 (1:0), 51 837 Zuschauer, Tabellenplatz am Saisonende: 16.
DER PROVOKANTE JUBEL
Sandro Wagner läuft in Richtung der Fans von Hertha BSC und jubelt. Allerdings ist er der Einzige, der das in dieser Ecke des Olympiastadions tut. Die Anhänger quittieren die Provokation mit eindeutigen Gesten. Nachdem Wagner drei insgesamt eher weniger erfolgreiche Saisons bei den Berlinern verbracht hat, trägt er seit dieser Spielzeit das Trikot des Aufsteigers SV Darmstadt 98 – und schießt viele Tore. Soeben hat Wagner in der 82. Minute das 2:1 für die Gäste erzielt, es ist bereits sein 14. Saisontreffer.
Für den Jubel mit freiem Oberkörper sieht er die Gelbe Karte, wenig später folgt die zweite Verwarnung. Doch das ist dem Stürmer recht egal. Darmstadt sichert durch den 2:1-Sieg am vorletzten Spieltag den überraschenden Klassenerhalt. Hertha war in der Saison lange auf Champions-League-Kurs, rutscht nach der sechsten Bundesliga-Begegnung nacheinander ohne Sieg jedoch auf Rang sechs ab. „Ich habe meine Mannschaft immer verteidigt, aber heute kann ich das nicht“, sagt Trainer Pal Dardai.
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Nach dem anschließenden 0:0 in Mainz fallen die Berliner auf Rang sieben, so niedrig notiert waren sie seit dem siebten Spieltag nicht mehr. Sie müssen in der Qualifikation zur Europa League antreten und scheiden gegen Bröndby IF aus.
Saison 15/16, 33. Spieltag: Hertha – SV Darmstadt 98 1:2 (1:1), 60.280 Zuschauer, Tabellenplatz am Saisonende: 7.
DIE EIGENARTIGE STIMMUNGSLAGE
Im Jahr 2017 ist Tayfun Korkut Trainer bei Bayer Leverkusen. Am 34. Spieltag reist er mit seinem Team nach Berlin – und gewinnt im Olympiastadion 6:2. „Ich würde gerne tauschen“, sagt Korkut danach. Soll heißen: Lieber hätte er die sechs Tore kassiert, aber dafür die Saison auf Rang sechs abgeschlossen. Dort steht allerdings Hertha, während Leverkusen enttäuschender Zwölfter wird.
Für die Gastgeber ist es ein eigenartiger Nachmittag: Die Saison war gut, vor allem mal wieder die Hinrunde. Unter dem Strich steht – dank des Sieges der Bayern gegen den SC Freiburg – die beste Platzierung seit 2009 und das Ticket für Europa. Aber der Ausklang drückt ziemlich auf das Gemüt: „Über das Ergebnis bin ich traurig“, sagt Trainer Dardai und Linksverteidiger Marvin Plattenhardt hat folgende kreative Idee: „Den Tag heute streichen wir am besten.“
Am Samstag danach wird der sechste Tabellenplatz noch einmal aufgewertet: Da Borussia Dortmund an selber Stelle gegen Eintracht Frankfurt den DFB-Pokal gewinnt, qualifiziert sich Hertha mit Verzögerung direkt für die Europa League.
Saison 16/17, 34. Spieltag: Hertha – Bayer Leverkusen 2:6 (0:3), 55.617 Zuschauer, Tabellenplatz am Saisonende: 6.

DIE PURE ERLEICHTERUNG
Das fünfte Spiel in 13 Tagen steht an, dieser Takt resultiert aus der coronabedingten Quarantäne der gesamten Mannschaft zuvor. Hertha geht Mitte Mai 2021 aufgrund der vielen Spiele deutlich auf Reserve, zehn Profis sind mittlerweile verletzt oder gesperrt. Aber einmal muss es noch irgendwie gehen.
Und es geht. Irgendwie. Hertha verlegt sich gegen Köln, das in der Tabelle noch weiter unter steht, vornehmlich auf die Sicherung des eigenen Tores. Das gelingt gut, auch bedingt dadurch, dass dem Gegner wenig einfällt. Am Schluss eines recht drögen Spiels steht pure Erleichterung: 0:0, Klassenerhalt am vorletzten Spieltag, weil Bremen zeitgleich beim FC Augsburg verloren hat.
Nun am Samstagabend gegen Mainz ist die Ausgangslage klarer: Hertha muss auf kein anderes Team schauen, ein Sieg reicht in jedem Fall.
Saison 20/21, 33. Spieltag: Hertha – 1. FC Köln 0:0, 0 Zuschauer (Geisterspiel), Tabellenplatz am Saisonende: 14.








